Glauben spüren, Weite wagen

Schüleraustausch mit Chile


- Interview mit einem Erfahrungsbericht von Frau Böckmann -

Im September ging es für vier Schülerinnen und Frau Julia Böckmann sowie deren Tochter nach Chile zu einem Schüleraustausch. Die ersten Wochen war Frau Böckmann für die erste Kontaktaufnahme usw. mit in Chile. Nun sind die vier Schülerinnen noch bis Mitte Dezember in ihren Gastfamilien und an der deutschen Schule in Temuco in Zentralchile, ca. 500km südlich der Hauptstadt Santiago de Chile. Hier berichtet Frau Böckmann in einem Interview von ihren Erfahrungen.

Hallo Frau Böckmann, wie geht es Ihnen heute?

- Ich sag mal so:

Der Alltag hat mich wieder.

Was sagen Sie zum November-Wetter in Deutschland? Wie war das Wetter in Chile?

- Naja, Regen hatten wir in Chile leider auch nicht zu knapp, aber etwas wärmer war es schon. Die Temperaturen schwanken jedoch zu dieser Zeit, ähnlich wie im deutschen Frühling, noch recht stark: Morgens mussten wir uns schon warm anziehen – da war es zum Teil noch sehr kalt. Dafür konnte es am Nachmittag dann aber über 20 Grad warm werden. So richtig beginnt der chilenische Sommer erst Ende November/Anfang Dezember. Leider mussten wir einfach zu früh abreisen…

Was haben Sie in Chile (für die Schule) gemacht?

- Zum einen habe ich vier Schülerinnen aus unserem Jahrgang 11 dorthin begleitet und stand ihnen in den ersten vier (von acht) Wochen ihres Aufenthalts als Ansprechpartnerin in und außerhalb der Deutschen Schule Temuco zur Verfügung. In diesem Zusammenhang habe ich die Chance genutzt, den Kontakt zu Schulleitung und Kollegium zu intensivieren und einen Einblick in den Schulalltag unserer Austauschschule zu gewinnen. Meine Tochter durfte derweil die 4. Klasse der Grundschule besuchen und erste Spanischkenntnisse erwerben.

Interessant. Können Sie uns den Aufbau der Schule in Chile kurz beschreiben?

- Die Deutsche Schule Temuco ist eine Gesamtschule: Kindergarten, Vorschule, Grundschule, Sekundarstufe I und II – hier befindet sich alles „unter einem Dach“. Insgesamt zählt die Schule rund 1.000 Kinder und Jugendliche, die hier in der Regel bis zum 12. Schuljahr verbleiben (wenn sie nicht die Schule wechseln).

Und was machen unsere vier Schülerinnen dort genau?

- Anne, Emily, Lilly und Mareile besuchen in den acht Wochen den Unterricht im Jahrgang 10, was altersmäßig unserem Jahrgang 11 entspricht. Der Unterricht geht von 07:45 bis 13:30 Uhr – das sind sieben Schulstunden. Der Nachmittag steht ihnen, anders als ihren chilenischen Mitschüler*innen, zur freien Verfügung. Und am Wochenende erleben und sehen sie zusammen mit der Gastfamilie mehr von der unfassbar schönen und vielfältigen Umgebung.

Wie ist die Unterbringung?

- Die vier Schülerinnen sind ja in Gastfamilien untergebracht. Die Familien gehören der oberen Mittelschicht an, d.h., die Unterbringung ist komfortabel und sicher. Die Gasteltern nehmen sich der Mädchen an, als wären sie ein weiteres Kind der Familie. Alle sind sehr herzlich und immer bemüht, den Aufenthalt in Chile so angenehm wie nur irgendmöglich zu gestalten. Das kann ich aus eigener Erfahrung sagen! Auch meine Tochter und ich hatten das Glück, in einer Gastfamilie unterkommen zu können. Daraus ergeben sich Freundschaften, die hoffentlich ein Leben lang bestehen bleiben.

Wenn man verreist, geht es ja auch darum, sich auf Kultur und Gesellschaft einzulassen. Wo sehen Sie Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Chile und Deutschland?

- Die Gestaltung des Alltags habe ich tatsächlich als sehr ähnlich wahrgenommen. Die „regulären“ Essenszeiten gleichen den unseren, was z.B. in Spanien häufig ganz anders ausfällt. Außerdem habe ich die Chilenen in ihrer Art schon auch als recht direkt erlebt, was unserer norddeutschen Mentalität ähnelt. Dabei sind sie jedoch gleichzeitig viel kontaktfreudiger: Neuankömmlinge werden nicht erst skeptisch begutachtet, sondern direkt warmherzig begrüßt und in die Gemeinschaft aufgenommen – das hat vor allem auch meine Tochter begeistert. Sie wäre gerne noch länger geblieben! Mit der Pünktlichkeit haben es die Chilenen dagegen nicht so sehr. Das bestätigte auch unser Gastvater, der sich in dieser Hinsicht als sehr „unchilenisch“ bekannt hat.

Wie waren so die ersten Begegnungen?

- Sehr, sehr herzlich! Wir sind sowohl in der Gastfamilie als auch in der Schule mit offenen Armen empfangen worden. Gewöhnungsbedürftig für die Schülerinnen und auch für meine Tochter war die Form der Begrüßung, Wange an Wange, die auch zwischen Lehrpersonal und Schüler*innen üblich ist. Das kennen wir hier so nicht – da herrscht eine größere Distanz! In Chile wird auch schonmal die Schulleiterin, die jeden Morgen die Schüler*innen am Eingangstor begrüßt, von den Kindern fest in den Arm genommen.

Es soll ja eine dauerhafte Schulpartnerschaft aufgebaut werden. Wie kann man sich denn für diesen Austausch empfehlen?

- Grundsätzlich steht die Möglichkeit an dem Austausch im Jahrgang 11 teilzunehmen allen Schüler*innen des aktuellen Jahrgangs 10 offen – egal, ob sie Spanisch im Unterricht haben oder nicht. Die Unterrichtssprache an der Deutschen Schule Temuco ist zwar Spanisch, aber die Kinder und Jugendlichen lernen seit dem Kindergarten Deutsch, die Deutschkolleginnen beherrschen unsere Sprache perfekt und gleiches gilt für die Schulleitung und das Sekretariat. Nichtsdestotrotz bietet sich der Austausch natürlich in erster Linie für unsere Spanischlernenden an, da sie hier die Chance erhalten, ihre Sprachkenntnisse zu verbessern oder zu vertiefen. Außerdem sind die Gastfamilien in der Regel spanischsprachig, was sogar mit Vorkenntnissen durchaus eine Herausforderung bedeutet, weil das chilenische Spanisch etwas anders ist als das, was in Spanien gesprochen wird. So oder so kann der Austausch aber nicht nur Vorteile für den Spracherwerb bedeuten, sondern vor allem auch die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit positiv voranbringen.

Wie teuer ist denn so ein Austausch? Darf man das fragen?

- Der kostenintensivste Punkt ist der Flug – eindeutig. Je früher wir aber den Austausch planen können, umso günstiger sind die Flüge! Hinzu kommen noch Kosten für die benötigten Reisedokumente. Vor Ort in Chile fallen dann aber durch die Unterbringung in den Gastfamilien nur wenig Kosten an. Günstig ist so ein Austausch natürlich nicht, aber wenn ich Kosten und Nutzen bzw. Länge des Aufenthaltes ins Verhältnis setze, dann ist das ein unschlagbares Angebot.

Ist auch ein Besuch aus Chile an unserer Schule vorgesehen?

- Ab Mitte Dezember erwarten wir die vier Austauschpartner*innen unserer Schülerinnen zum Gegenbesuch am ULF. An der Deutschen Schule Temuco fliegt jedes Jahr der gesamte Jahrgang 10 in den chilenischen Sommerferien zum Austausch nach Deutschland. Nach einer zweiwöchigen Rundreise ziehen die Schüler*innen bis Mitte Februar bei ihren deutschen Gastfamilien ein und besuchen dann auch den Unterricht unseres Jahrgangs 11. Aber erstmal wird gemeinsam Weihnachten und Silvester gefeiert, bevor es dann im Januar so richtig mit dem Unterricht losgeht. Ich hoffe, dass die chilenischen Jugendlichen dann ebenso herzlich empfangen werden, wie das umgekehrt der Fall ist!

 

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Böckmann.

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